Loreleygemeinde Bornich

Kinder und Haustiere – Freude, Pflichten und Verantwortung

Interview
Sandra Menslage vom Mehrgenerationenhaus Saarburg,
Erzieherin „Lokales Bündnis für Familie e.V.“ und Leiterin von Kind- und Hund-Kursen

Frau Menslage, wohl kaum ein Kind wünscht sich kein Tier. Welche positiven Auswirkungen kann ein Haustier auf Kinder bzw. auf das Familienleben haben?
Ein Haustier kann sich in vielerlei Hinsicht positiv auswirken, vor allem auf die psychische und physische Entwicklung von Kindern. Zahlreiche Studien belegen, dass Haustiere die soziale Kompetenz stärken – so sind Kinder, die Umgang mit Tieren haben, oft weniger aggressiv, körperlich wie verbal, und verfügen über ein stärker ausgeprägtes Einfühlungsvermögen. Auch Verantwortungs- und Selbstbewusstsein sind oft stärker vorhanden, da Kinder an ihren Aufgaben und Erfolgen im Umgang mit dem Tier wachsen. Nicht zu vergessen ist auch die emotionale Unterstützung, die ein Haustier leisten kann: Reden und Kuscheln mit dem Schmusekater hilft bei Ärger und Kummer, ein starker Hund bietet Schutz und Beistand in Angstsituationen, um nur einige Beispiele zu nennen, die aber keinesfalls menschliche Zuwendung ersetzen dürfen. Wissenschaftlich belegt ist auch, dass das Allergierisiko bei Kindern, die mit Hund oder Katze aufwachsen, niedriger ist, und dass diese Kinder weniger krank sind. Auch Konzentration und Aufmerksamkeit sind oft besser ausgeprägt; ein Hund zum Beispiel fördert überdies die Bewegung an der frischen Luft. Insgesamt können Haustiere ein gutes Allgemeinbefinden weiter stärken, sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen. Auch für den Familienzusammenhalt können sie einen Gewinn bedeuten durch gemeinsame Verantwortung, Freude und Zeit mit dem Tier.

Welche Haustiere sind für Kinder gut geeignet?
Erfahrungsgemäß bevorzugen Kinder Kleintiere wie Hund, Katze, Meerschweinchen oder Zwergkaninchen – also Tiere mit Fell, die sich besonders gut zum Kuscheln und Liebhaben eignen. Fische und Vögel sind eher selten, wobei ein Aquarium sich positiv auf unruhige Kinder auswirken kann. Zurückhaltend wäre ich bei Hamstern, da diese nachtaktiv sind und tagsüber größtenteils schlafen. Die meisten Möglichkeiten im Umgang bieten größere Tiere wie Hund oder Katze.

Ab welchem Alter ist ein Haustier für Kinder empfehlenswert? Sehen Sie Bedenken bei Kleinkindern?
Grundsätzlich kann ein Haustier für Kinder aller Altersklassen eine Bereicherung darstellen, d.h. auch für Kleinkinder. Ich würde keine Altersbeschränkung setzen, wobei Eltern natürlich umso sorgsamer sein müssen im Miteinander von Tier und Kind, je jünger das Kind ist. Bei Kleinkindern würde ich dazu raten, nach Möglichkeit ein Jungtier vom Züchter oder von Bekannten anzuschaffen, da man das Tier so von Anfang an in seiner Entwicklung begleiten und Einfluss auf das Verhalten nehmen kann. Dies gilt vor allem bei größeren Tieren wie Hunden oder Katzen.

Wie findet man das geeignete Haustier für die ganze Familie?
Der Impuls für ein Haustier geht meistens von den Kindern aus. Doch wichtig ist, nicht nur die Wünsche und Erwartungen der jüngsten, sondern aller Familienmitglieder zu berücksichtigen: Nur wenn die gesamte Familie mit der Wahl einverstanden ist, kann ein Haustier dauerhaft Freude bereiten. Daher sollte die Entscheidung reiflich überlegt sein. Vor allem die Eltern müssen sich bewusst sein, dass sie diejenigen sind, die letztlich die Verantwortung für das Tier tragen – und dies oft über viele Jahre, denn Kleintiere haben eine Lebenserwartung von 8 – 10 Jahren und mehr. Kinder können die Aufgaben und Pflichten, die ein Tier mit sich bringt, weder abschätzen noch eigenständig übernehmen. Deshalb ist es wichtig, sich im Vorhinein vor Augen zu führen, was zum Beispiel eine Katze konkret an Aufwand bedeutet, und Zuständigkeiten innerhalb der Familie im Vorfeld zu besprechen. Es ist dringend zu empfehlen, sich vorab ebenso über die Bedürfnisse des Tieres zu informieren, auch in Bezug auf verschiedene Rassen, Pflege, Futter, Impfungen etc., sowie sich über die eigenen Kapazitäten klar zu werden: Wohnverhältnisse, Einkommen, verfügbare Zeit, dies alles sind wichtige Rahmenfaktoren, die stimmig sein sollten.

Und wenn die Anschaffung eines Haustiers nicht möglich ist: Wie können Eltern sich verhalten?
Wichtig ist in diesem Fall, standhaft zu bleiben und nicht dem Kind zuliebe nachzugeben. Die Entscheidung, kein Tier anzuschaffen, sollte ebenso verantwortlich getroffen werden wie eine positive Entscheidung – und sie sollte ebenso gemeinsam in der Familie erörtert werden. Die Beweggründe sollten für die Kinder nachvollziehbar sein. Möglicherweise lassen sich auch Alternativen aufzeigen, so zum Beispiel – wenn es ursprünglich um einen Hund ging – die Anschaffung eines kleineren Tieres oder Ferien auf dem Bauernhof.
Eine andere Möglichkeit ist, dass das Kind im Reitverein regelmäßig voltigieren oder reiten kann. So besteht der körperliche Kontakt zu einem Tier, das Pferd muss gepflegt werden und eine Beziehung sowie ein Vertrauensverhältnis zum Tier werden aufgebaut.

Die Entscheidung für ein Tier ist gefallen. Wie können Eltern Kinder an das neue Familienmitglied heranführen?
Da gibt es vielerlei Möglichkeiten: vom gemeinsamen Stöbern und Lesen in Tierbüchern oder im Internet bis hin zum direkten Kontakt mir Tieren. Gassi gehen mit dem Nachbarshund, Besuche bei Tierbesitzern oder ein „Kaninchen auf Probe“, während die Schulfreundin im Urlaub ist – derlei Gelegenheiten eignen sich übrigens auch hervorragend als Hilfestellung, gerade wenn man sich noch nicht ganz sicher ist in der Entscheidung.

Stichwort Erziehung: Wie erlernen Kinder einen pflichtbewussten Umgang mit dem Tier?
Im Umgang mit dem Tier sind immer die Eltern Vorbild. Wenn sie nicht verantwortlich und verlässlich für das Tier sorgen, können auch die Kinder dies nicht lernen. Wichtig ist, dass Kinder verstehen, warum bestimmte Aufgaben und Verhaltensweisen erforderlich sind, und dass die Tiere auf Fürsorge angewiesen sind. Sie müssen begreifen, warum sie zum Beispiel Hunden nicht starr in die Augen sehen sollten oder dass das Kaninchen sich nicht wohlfühlt, wenn der Stall nicht regelmäßig gesäubert wird. Daher ist Aufgabe der Eltern, ein möglichst breites Wissen über das Haustier (Körpersprache, Fütterungsgewohnheiten, Bedürfnisse) zu erwerben und den Kindern zu vermitteln. Nur so können Kinder lernen, die Konsequenzen ihrer Handlungen oder Nicht-Handlungen für das Tier abzuschätzen und zu verantworten.

Sollten verbindliche Regeln und Grenzen definiert werden?
Auf jeden Fall. Kinder betrachten Tiere oft als Spielzeug, was dazu führt, dass diese sich zur Wehr setzen. Daher sind klare Regeln notwendig sowohl zum Schutz des Kindes als auch des Tieres, so zum Beispiel ein Tabu für das Kind, die Katze in ihrem Körbchen zu stören. Kleinkinder sollten darüber hinaus nie unbeaufsichtigt mit dem Haustier allein gelassen werden. In den ersten Jahren können auch Sicherheitsvorkehrungen wie beispielsweise ein Hundegatter sinnvoll sein, dass dem Hund den Zutritt zum Kinderzimmer verwährt. In jedem Fall sollten Kinder gemeinsam mit ihren Eltern einen angemessenen Umgang mit dem Haustier erlernen; ein eigenständiger Umgang, wenngleich auch hier nur unter Anleitung, wird erst ab dem Grundschulalter möglich.

Allen Absprachen zum Trotz: Was können Eltern unternehmen, wenn ihr Kind das Tier vernachlässigt?
Die Beschäftigung mit dem Haustier lässt häufig nach, wenn die Kinder älter werden und andere Interessen in den Vordergrund treten. Eltern sollten sich immer vor der Anschaffung eines Tieres darauf einstellen, dass sie gegebenenfalls Aufgaben der Kinder mit übernehmen müssen. Darüber hinaus kann es hilfreich sein, Pflichten unter gewissen Umständen innerhalb der Familie neu zu verteilen oder gemeinsam zu erledigen – gerade Teenager sind oft stark eingebunden durch Schule, Hobbys oder Freunde.
In jeden Fall ist vor der Anschaffung eines Haustiers sicherzustellen, dass keines der Familienmitglieder unter einer Allergie gegen Fell oder Federn leidet.

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