Loreleygemeinde Bornich

Vor dem Essen Hände waschen und beim Niesen den Ellbogen vor den Mund!

Alltagshygiene: Nicht nur eine Frage des guten Benehmens.

Expertin vor Ort:
Dr. Gabriele von der Weiden, M.Sc. (Gesundheitsmanagement)
Schulärztin im Öffentlichen Gesundheitsdienst, Ernährungsmedizinerin


Frau Dr. von der Weiden, wie sauber müssen Kinder eigentlich sein?
Es geht mit Blick auf das Thema Hygiene weniger um die Frage, wie sauber ein Kind sein muss, sondern vielmehr darum, Krankheiten keinen Nährboden zu liefern. Generell lässt sich sagen: Händewaschen ist die wichtigste Präventionsmaßnahme im Alltag. Alleine dadurch können bereits die meisten Ansteckungskrankheiten deutlich zurückgeschraubt werden. Dabei reicht es nicht, die Hände kurz unter den Wasserstrahl zu halten, sondern es ist wichtig, die Hände gründlich unter fließendem Wasser mit Seife oder einem vergleichbaren Reinigungsmittel zu waschen. Dabei sind auch die Fingerzwischenräume zu reinigen. Nicht umsonst heißt es: Vor dem Essen Hände waschen nicht vergessen. Doch bei aller notwendigen Hygiene ist eines doch wichtig zu wissen: Zu viel Hygiene und das Vermeiden von Kontakt mit Keimen kann im schlimmsten Falle auch dazu führen, dass in späteren Jahren eine Anfälligkeit für Allergien entsteht. Darauf deuten Studien immer wieder hin. Anscheinend ist es für die langfristige Abwehrfähigkeit eines Menschen besser, wenn das Immunsystem eines Kindes nicht in jeder Situation penibel geschützt wird. Denn erst die aktive Auseinandersetzung mit der Umwelt macht es möglich, dass sich die Immunabwehr eines Kindes erprobt und stärkt. Hier ist es besonders wichtig, das rechte Maß von Sauberkeit zu finden.


Mit dem Händewaschen allein ist es aber doch gewiss nicht getan. Wie sieht es mit der Zahn- und Körperpflege aus?
Hinsichtlich des Badens ist es vom Alter eines Kindes und seinen Aktivitäten abhängig, gerade bei jüngeren Kindern ist aus hygienischer Sicht ein tägliches Bad nicht notwendig. Die Empfehlungen schwanken zwischen jeden zweiten Tag bis zweimal wöchentlich, je nach Bedarf. Ein Jugendlicher, der viel Sport treibt und aktiv ist, sollte sicher häufiger duschen als jemand ohne viel Bewegung.
Beim Zähneputzen sieht das natürlich anders aus. Eine regelmäßige, tägliche Zahnreinigung ist für jeden wichtig, je nach Ernährungsweise und Alter bieten sich bis zu drei Mal am Tag an. Das ist aber nur ein Richtwert, in vielen Familien werden die Zähne morgens und abends geputzt. Wenn Sie sich unsicher sind, ob dies ausreicht, befragen Sie Ihren Zahnarzt nach zusätzlichen Pflegemaßnahmen.
Bezüglich der Anfälligkeit der Zähne spielen die genetische Veranlagung und der Zuckerkonsum eine Rolle, einige Menschen sind einfach anfälliger für Karies als andere. Hier berät Sie der Zahnarzt oder Kinderarzt, ob die Verwendung zusätzlicher Fluoride sinnvoll ist.

Wie animiere ich Kinder richtig, sich gut und gesund mit ihrem Körper und seiner Pflege zu beschäftigen?
Eine kindgerechte Pflege versucht, an verschiedenen Punkten anzusetzen: Gefragt ist ein spielerischer Umgang, die Vermittlung von Geborgenheit, Regelmäßigkeit und Konsequenz in den Maßnahmen. Schaffen Sie mit ihrem Kind verbindliche Rituale und vermitteln Sie auch eigenen Spaß an der Sache. Lassen Sie sich individuell auf Ihre Bedürfnisse und die des Kindes ein: Planen Sie mit ausreichend Zeitreserven und rechnen Sie mit Ablenkungen. In jedem Fall: Seien Sie konsequent und gleichzeitig liebevoll. Dann haben Sie gute Chancen, dass Ihr Kind genau das tut, was wichtig für es ist: sich regelmäßig zu waschen und dies ganz selbstverständlich in den Alltag zu integrieren. Versuchen Sie nicht in jedem Fall zwanghaft, sich an starre Regeln zu  halten. Achten Sie immer wieder auf die Signale, die Ihnen Ihr Kind gibt. Eine Pause zwischendurch kann Sinn machen, anstatt mit dem Blick auf die Uhr das Tempo beim Waschen zu erhöhen.

Welche Erkrankungen, die insbesondere Kinder betreffen, verlangen nach einer besonderen Aufmerksamkeit?
Es gibt die klassischen Kinderkrankheiten wie zum Beispiel Masern, Mumps, Röteln oder Windpocken, die inzwischen dank Impfungen sehr selten geworden sind. Doch viele Familien wissen heute leider gar nicht mehr, wo die Impfpässe der einzelnen Familienmitglieder liegen – fatal. Dabei ist ein ausreichender Impfschutz heutzutage ganz einfach sicherzustellen. Und es gibt die häufigen Erkrankungen der Atemwege bei Kindern, Husten, Schnupfen oder Grippe, aber auch Magen-Darm-Infektionen, die über Viren und/oder Bakterien übertragen werden. Diese lassen sich in der Regel mit einfachen Maßnahmen im Zaum halten. Grundsätzlich kann eine gute Hygiene im Alltag das Ansteckungsrisiko dieser Infektionskrankheiten effektiv vermindern. Außerdem ist es wichtig, dass die Krankheitserreger nicht auf andere übertragen werden. Dies geht über so einfache Maßnahmen wie das bereits erwähnte Händewaschen und vor allem: Husten und Niesen in die Armbeuge. Bei Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes kann es helfen, die Toilette nach Gebrauch zu desinfizieren. Alle diese Maßnahmen dienen dem Zweck, die Erreger nicht auf andere Menschen zu übertragen. Wichtig ist es, hier immer aufmerksam zu bleiben. Bei jeder Erkrankung und auch bezüglich der notwendigen Impfmaßnahmen ist der Kinderarzt oder Hausarzt ein guter Ansprechpartner, um sich über spezifische Schutzmaßnahmen und die Art des Krankheitserregers zu informieren.


Welche Dinge sollten Familien außerdem beachten?
Neben der obersten Regel, regelmäßig die Hände zu waschen, sollten Papiertaschentücher konsequent nur einmal benutzt und dann sofort in den Müll entsorgt werden. Achten Sie auch darauf, dass Unterwäsche stets aus reiner Baumwolle besteht. Diese Wäsche kann man bei 60 oder 95 Grad waschen, um wirklich alle Keime abzutöten. Frische Wäsche im Intimbereich ist auch bei Wurmerkrankungen unabdingbar. Der Befall mit Madenwürmern kommt bei Kindern häufiger vor und ist in der Regel recht ungefährlich. Trotzdem sollten Sie auf jeden Fall einen Arzt aufsuchen, damit sich der Wurmbefall nicht weiter ausbreitet.
Für eine Wurmerkrankung muss man sich nicht schämen: Meistens kommen Kinder in Kontakt mit den Eiern der Würmer, da sie ihre ungewaschenen Finger in den Mund stecken oder an den Fingernägeln kauen. Wichtig ist deshalb auch, bei Kindern die Fingernägel kurz zu halten. Vermeiden Sie es ebenfalls, Geschirr und Besteck gemeinsam zu benutzen. Dasselbe gilt noch deutlicher für Getränkeflaschen. Viele Menschen haben sich angewöhnt, direkt aus der Flasche zu trinken und diese Flasche vielleicht sogar mit anderen zu teilen. Das ist ein großer Fehler. Besser ist es, Gläser zu benutzen. Und wenn man schon aus einer Flasche trinkt, sollte man dies nur allein tun und die Flasche möglichst schnell austrinken.


Was können Sie uns abschließend mit auf den Weg geben, um auch in Zukunft gut durch das Familienleben zu kommen, was das Thema Hygiene betrifft?
Wie sich Kinder verhalten, hängt in weiten Teilen davon ab, wie sie es von den Eltern vorgelebt bekommen. Eltern haben hier also eine wichtige Vorbildfunktion und sollten darauf achten, die täglichen Regeln wie Händewaschen zu beachten. Dies gilt besonders vor dem Essen, vor dem Zubereiten von Speisen, sobald Sie oder die Kinder nach Hause kommen, wenn Sie öffentliche Verkehrsmittel benutzt haben, möglichst immer nach Tierkontakt und selbstverständlich nach der Toilette. Gegenstände, die von vielen Menschen benutzt werden, beispielsweise Türklinken  oder Tastaturen, sind ebenfalls völlig unterschätzte Keimträger. Die Aufgabe der Erwachsenen ist nicht nur, den Kindern die Notwendigkeit des Händewaschens zu erklären, sondern auch, diese Maßnahmen konsequent durchzusetzen, zur Not auch gegen den Widerstand des Kindes. Nur so hat diese Verhaltensweis eine Chance zu einer lebenslangen Gewohnheit zu werden. Dazu gehört auch, das Kind erneut ins Bad zu schicken, wenn das Ergebnis des ersten Durchgangs nicht befriedigend war. Verschieben Sie das „richtige“ Waschen keinesfalls aufs nächste Mal. Wenn Ihr Kind alt genug ist, um Erklärungen zu verstehen, dann geben Sie ihm diese auch, und dies in einer Sprache, die das Kind versteht – klar, einfach und verständlich.
Und genießen Sie gemeinsam den Spaß einer Schaumschlacht mit Quietsche-Entchen, selbst wenn danach einige Schaumpfützen zu beseitigen sind.

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